Hast Du Dir schon einmal Gedanken darüber gemacht, ob Deine Wunschkundin ihren Arm gebrochen hat? Oder ob sie Deinen Webshop mit dem Bildschirm in der Sonne sitzend besucht? Weißt Du, ob sie vielleicht gerade eine Bindehautentzündung hat, ihre Augen brennen und tränen? Ist sie Muttersprachlerin? Und verstehen wirklich alle Menschen Deiner Zielgruppe Deine Texte?
Barrieren im Netz betreffen nicht nur Menschen mit permanenten Seh- oder Höreinschränkungen.
Barrieren betreffen uns alle.
Schon in meiner Kindheit habe ich erlebt, wie sich Barrieren auf andere Menschen auswirken. Deshalb liegt mir dieses Thema besonders am Herzen. Dazu aber mehr gegen Ende dieses Artikels.
Dass das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, kurz BFSG, kommt, ist mehr als sinnvoll.
Es liefert Dir endlich klare Richtlinien dafür, was Du tun kannst, um Deine Website oder Deinen Webshop für alle Besucher zugänglich zu gestalten.
In diesem Beitrag erkläre ich Dir die wichtigsten Punkte.
Das liest du im Beitrag
Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)?
Das BFSG fördert die gleichberechtigte und diskriminierungsfreie Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, Einschränkungen und älteren Menschen, soweit es um Produkte und Dienstleistungen im Internet geht.
Es ist die Umsetzung des European Accessibility Acts (EAA – Europäisches Gesetz zur Barrierefreiheit) in deutsches Recht.
Eine barrierefreie Website ist dementsprechend eine Internetseite, die so gestaltet und entwickelt ist, dass sie von allen Menschen genutzt werden kann, unabhängig von ihren Fähigkeiten oder Einschränkungen.
Grundsätzlich ist das Gesetz nicht neu. Behörden und der öffentliche Sektor sind längst zur Barrierefreiheit verpflichtet.
Ab Mitte 2025 gelten die Vorgaben auch für Unternehmen – und damit eventuell auch für Dich. Dabei berücksichtigt das BFSG verschiedene Bereiche wie z.B. den Online-Handel bzw. E-Commerce und Telekommunikationsdienstleistungen.
Kurz: In wenigen Monaten müssen bestimmte Websites, Webshops, Apps, E-Books und mehr barrierefrei gestaltet sein.
Ausführliche Informationen findest Du auch auf der Webseite der Bundesfachstelle Barrierefreiheit.
Nicht jedes Unternehmen fällt unter die Pflicht.
Du wirst im Laufe des Artikels jedoch merken, dass es – abgesehen von Deiner sozialen Verantwortung – einige Vorteile mit sich bringt, wenn Du Deine Seite inklusiv gestaltest.
Ab wann ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verpflichtend?
Das BFSG tritt zum 28. Juni 2025 in Kraft.
Es gibt eine Übergangsregelung. Bereits bestehende Inhalte, die VOR dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden, müssen erst bis Mitte 2030 angepasst werden.
Bedenke bitte: Je nach Umfang Deiner Website kann es bis zur Veröffentlichung mehrere Monate dauern. Plane also genügend Zeit ein. Brauchst Du textliche Unterstützung? Du weißt, wo Du mich findest 😉
Jetzt fragst Du Dich vielleicht: Betrifft mich das Gesetz überhaupt? Lass uns das klären.
Für wen ist das BFSG verpflichtend?
Das Gesetz soll den Endverbraucher schützen. Das sind Besucher und Nutzerinnen Deiner Website oder Deines Webshops.
Das Portal Barrierefreiheit – Barrierefreiheitsstärkungsgesetz erklärt konkret, dass das BFSG für Hersteller, Händler und Importeure von bestimmten Produkten sowie für Dienstleistungserbringer verpflichtend wird.
Ausgenommen sind Kleinstunternehmen.
Das sind Unternehmen, die
- weniger als 10 Personen beschäftigen und
- entweder einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro erzielen
- oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 2 Millionen Euro beläuft.
Aber Achtung: Konkret bedeutet das, wer auch nur 1 Kriterium nicht erfüllt (Beschäftigtenanzahl oder Jahresumsatz, -Bilanzsumme), ist verpflichtet, seine Website barrierefrei zu gestalten.
Welche Konsequenzen drohen bei Nichteinhaltung des BFSG?
Marktüberwachungsbehörden kontrollieren, ob das Gesetz eingehalten wird oder nicht. Sie können von sich aus aktiv werden oder von Dritten wie Nutzer*innen oder Verbänden aufgefordert werden.
Wenn Du die Vorgaben noch nicht erfüllst, gibt es klare Fristen – genug Zeit, um alles rechtzeitig umzusetzen.
Kommst Du dem allerdings nicht nach, droht eine Strafe in Form einer vorübergehenden Einstellung Deines Geschäftsbetriebs oder eines Bußgeldes von bis zu 100.000 €.
Mach Dir bewusst: Du bist für die Barrierefreiheit Deines Online-Auftritts zuständig – unabhängig davon, ob Du eine Funktion selbst programmiert hast oder ein Drittanbieter (Texter, Webdesigner etc.) eingebunden war.
Die Vorteile einer barrierefreien Website auf einen Blick:
Viele meiner KundInnen und auch mich wird das Gesetz nicht betreffen. An den Eingangsbeispielen (der gebrochene Arm, die Augenentzündung etc.) hast Du aber gemerkt, dass es – ganz abgesehen von unserer sozialen Verantwortung – durchaus sinnvoll ist, deine Website möglichst barrierefrei zu gestalten.
Alles andere schließt schlicht und einfach potenzielle Kund*innen aus.
Und das ist sowohl für sie als auch für Dich, Deine Reichweite, Leads und Deinen Umsatz unglücklich.
Weitere Vorteile sind:
- Erweiterung Deiner Reichweite, mehr Traffic und höhere Conversion-Rates
- bessere Nutzererfahrung (User Experience / UX) durch z.B. klare Strukturen
- bessere Auffindbarkeit durch Suchmaschinenoptimierung (SEO) wie Textalternativen und verständliche, Nutzer nähere Texte
- Wertschätzung, positive Markenwahrnehmung und Wettbewerbsvorteil durch inklusives und sozial verantwortungsbewusstes Handeln
- höhere Nutzerzufriedenheit durch höhere Flexibilität für verschiedene Nutzerszenarien (z.B. bessere Lesbarkeit bei schlechtem Licht, auf kleinen Bildschirmen)
- Unterschätze auch nicht die Wirkung einer barrierefreien Seite auf potenzielle Mitarbeiter: Durch eine barrierefreie Online-Präsenz signalisierst Du Inklusion, Offenheit und Toleranz und wirkst auf mögliche Interessenten als sozialer und attraktiver Arbeitgeber
- Kostenersparnis durch bessere Struktur und Dokumentation. So werden spätere Anpassungen und Wartungen erleichtert.
Das sind doch einige Argumente, die für eine barrierefreie Website sprechen – selbst, wenn das BFSG Dich nicht direkt erfasst, findest Du nicht auch?
Worauf kommt es bei einer barrierefreien Website an?
Vielleicht bist Du gar nicht von dem BFSG betroffen, möchtest Deine Seite aber trotzdem möglichst barrierefrei gestalten?
Eine großartige Orientierung erhältst Du durch die 4 Kategorien beziehungsweise Säulen der Web-Content-Accessibility-Guidelines (WCAG), die das BFSG beinhaltet.
Diese 4 Säulen barrierefreier Internetseiten sind:
- Wahrnehmbarkeit
- Textalternativen für grafische Inhalte (Richtlinie 1.1)
- Untertitel für Audio- und Videodateien (Richtlinie 1.2)
- Anpassbar auf verschiedene Darstellungsarten (Richtlinie 1.3)
- Gute Kontraste und flexible Darstellung (Farben, Schriftgrößen) (Richtlinie 1.4)
- Bedienbarkeit
- Mit der Tastatur bedienbar (Richtlinie 2.1)
- Ausreichend Zeit bzw. große Timeouts (Richtlinie 2.2)
- Design darf keine Anfälle verursachen (Richtlinie 2.3)
- Navigierbar durch z.B. Hilfen (Richtlinie 2.4)
- Verständlichkeit
- Einfache Sprache und verständliche Texte (Richtlinie 3.1)
- Vorhersehbar durch konsistenten und selbsterklärenden Aufbau (Richtlinie 3.2)
- Eingabehilfen und aktive Fehlervermeidung (Richtlinie 3.3)
- Robustheit
- Maximale Kompatibilität mit Browsern und Hilfsmitteln (Richtlinie 4.1)
In jeder Kategorie unterscheidet das BFSG außerdem zwischen den Abstufungen Muss (A), Soll (AA) und Kann (AAA). A und AA gelten dabei in Europa als verbindlich.
Das kann Dir eine gute Hilfe bei der Orientierung sein, welche Maßnahmen essentiell sind.
Fang mit einfachen Schritten an – Du wirst sehen, Barrierefreiheit ist kein Hexenwerk!
Wie und wo kann ich testen, ob meine Website barrierefrei gestaltet ist?
In einem ersten Step kannst Du selbst testen, ob Du Deine Seite als barrierefrei empfindest. Sind zum Beispiel die Kontraste so hoch, dass Du Deine Seite auch bei schwachem Licht gut lesen kannst?
Hier eine Checkliste für barrierefreie Websites, die Deinem Selbstcheck eine hervorragende Orientierung liefert:
1. Stellst Du für Bilder und Videos Textalternativen zur Verfügung?
2. Sind Deine Texte in klarer und leicht verständlicher Sprache geschrieben?
3. Haben Deine Farbkombinationen einen ausreichenden Kontrast?
4. Ist Deine Seite auch ohne Maus, nur mit der Tastatur navigierbar?
5. Ist Deine Website strukturiert und organisiert aufgebaut? Sind Deine Seiten in sich klar strukturiert?
6. Wie lesbar sind Deine Schriftarten?
7. Vermeide bitte unbedingt Flackern und Blinken – das kann z.B. epileptische Anfälle auslösen
8. Funktioniert Deine Seite geräteunabhängig? Also gleich auf Desktop, Tablet oder Handy?
9. Hast Du Deine Videos und Audiodateien mit Untertiteln versehen?
10. Teste Deine Seite regelmäßig auf Barrierefreiheit
Auf einen reinen Selbsttest solltest Du Dich nicht verlassen. Vor allem nicht, wenn das BFSG für Dich verpflichtende Wirkung hat.
Natürlich gibt es auch Seiten und Tools, mit deren Hilfe Du Deine Seite auf Barrieren checken kannst.
Teste die Barrierefreiheit Deiner Website mit Plug-ins, Tools und nützlichen Seiten
Hier sind deshalb einige kostenlose und kostenpflichtige Möglichkeiten für Dich, wie Du Deine Website auf mögliche Barrieren testen kannst:
Initiative BIK
Wenn Du 100 %ig sicher gehen willst, kann ich Dir – für Deutschland – den kostenpflichtigen BITV-Test der Initiative BIK (barrierefrei informieren und kommunizieren) empfehlen. Die Initiative bietet auch einen Test für den internationalen Raum an.
Nach Durchführung einer der beiden Tests erhältst Du entweder ein Prüfsiegel oder Hinweise zur Optimierung Deiner Website.
Die Tests liegen preislich bei aktuell rund 400 € – abhängig von Umfang und Komplexität Deiner Website.
Wave Webaim ist auch als Plug-in verfügbar. Mit diesem Tool kannst Du die Kontraste auf Deiner Seite testen, zwischen Texten und Buttons, auf der Gesamtübersicht und zwischen Vorder- und Hintergrundfarben.
Im Bereich Accessibility kannst Du Dir einen Gesamtüberblick verschaffen und Barrieren herausfiltern, wie z.B. fehlende ARIA-Attribute, Alt- und Link-Texte.
Dieser Test basiert auf Google Lighthouse, scheint aber zusätzlich noch andere Punkte zu kontrollieren, da die Ergebnisse nicht 1:1 übereinstimmen.
FAZIT: Barrierefreiheit = ein Gewinn für alle
Ja, dieser Artikel ist lang.
Manchmal brauchen wichtige Dinge einfach Platz. Denn:
Das Thema Barrierefreiheit liegt mir persönlich am Herzen.
Meine Eltern waren beide Schulleiter an Förderschulen (für Kinder mit Seh-Einschränkung sowie Lern- und geistigen Einschränkungen). So habe ich von klein auf miterleben dürfen, dass es Menschen gibt, die andere Bedürfnisse haben und für die Brücken geschaffen werden müssen.
Die Brücken, die man diesen Kindern damals schuf, haben dafür gesorgt, dass sie heute trotz ihrer Einschränkungen ein Leben wie Du und ich führen. Einige sind erfolgreiche Unternehmer, Freelancer und Selbstständige.
Dass wir diese Brücken nun unserer Entwicklung folgend in den digitalen Raum übernehmen, sollte selbstverständlich sein.
Du weißt, ich will mit Worten wirken und die Welt durch Texte schöner, strahlender und für alle ein bisschen funkelnder gestalten.
Machst Du mit?
Gerne unterstütze ich Dich dabei, wenn Du magst.
Deine Eva
P.S.: Hier geht es zum Artikel über “Barrierefreie Texte schreiben”
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